San Francisco Unified School District

Aptos Middle School und Alvarado Elementary School: 

Computer Science for All in SF

„Teaching kids is a Labor of Love“ (Jason Hannon, School Principal of Aptos Middle School)

Am 3. Tage haben wir Gelegenheit, eine Middle und eine Elementary School des San Francisco Unified School District zu besuchen. Zur Vorbereitung werden wir vom STEM (MINT)  Director des San Francisco Unified School District, Jim Ryan und seinem Team empfangen. Jim ist für STEM an 125 Schulen mit insgesamt 70.000 Schülern verantwortlich. Er leitet ein Team von ca. 55 Fachberatern und Coaches, die dem Bereich STEM entwickeln und betreuen. Die Ausgangslage vor fünf Jahren war desolat: Nur 5-6% der Schüler errichten die von den Kerncurricula geforderten Standards – zu den Verlierern gehörten vor allem Kinder mit Latino – Migrationshintergrund, Schwarze und Mädchen. Gleichzeitig war den Verantwortlichen klar, dass die Kinder, die in der „Tech“- Welt San Franciscos beruflich eine Chance haben und damit in der Stadt eine Existenz aufbauen wollen, ohne eine solide MINT und STEM Ausbildung und Kompetenzen keine Perspektive haben werden. Das Team analysierte den Zusammenhang zwischen der Lernkultur, die von Testing, Frontalunterricht  und äußerer Differenzierung in vermeintlich homogenen Leistungsgruppen geprägt war, und den schulischen Leistungen einzelner gesellschaftlicher Gruppen, und zog daraus programmatisch entsprechende Konsequenzen. Am Anfang stand fundraising. Jim wurde seinerzeit in der Lokalpresse dafür gerühmt, dass er in kurzer Zeit für seine Bildungsoffensive im Bereich MINT 11 Mill.  USD durch „Funds“ auftreiben konnte.

Das Projektteam formulierte Ziele und entwickelte Maßnahmen in drei Bereichen:

  1. Policy (Schulgesetzgebung)
  2. Curriculum und Lehrplanentwicklung
  3. Lehrerfortbildung und Coaching

Den Akteuren war klar, dass die einzelne Lehrkraft keine Änderung der desolaten Ausgangslage würde bewirken können, daher war die Förderung und der systematische Aufbau professioneller Lerngemeinschaften in den Kollegien der zentraler Treiber des Transformationsprozesses. Nach fünf Jahren sind die Erfolge messbar: Die Wiederholerquote in Mathematik ist von 40% auf 8% gesunken und nach der verbindlichen Einführung des Faches Computer Science in den Klassen 1-8, wird das Fach in der Oberstufe von einem Großteil der Kinder, auch aus den bisher benachteiligten Gruppen gewählt und erfolgreich belegt.

In unseren Unterrichtsbesuchen beobachten wir durchweg kollaborative, kompetenzorientierte Lernformen, konzentrierte Arbeitsatmosphäre, sehr zugewandte Kollegen und ein hohes Maß an Schüleraktivität. Uns wird schnell klar, dass die Lösung hier nicht in Technologieinfusion vergleichbar den New Classrooms gesucht wird, sondern in der Veränderung der pädagogischen Konzeption hin zu schülerzentriertem und kompetenzorieniertem Unterricht. Hierin sehen die Schulentwickler den  Ausgangspunkt und die Voraussetzung für digitalisierte Unterrichtskonzepte und die Anbahnung von Kompetenzen im Bereich der Computer Science.

Die Schüler berichten davon, dass sie auf dem Google Drive arbeiten und dazu Chromebooks in Wagen zur Verfügung stehen. Auch IPads für Multimedia Anwendungen stehen zur Verfügung. Es gibt (noch) keine 1 zu 1 Ausstattung in der Schule, der Googledrive ist jedoch die zentrale Plattform, wenn es darum geht, Informationen auszutauschen und zu kooperieren. Da alles in der Cloud geschieht, ist der Zugriff überall und jederzeit möglich.

Die Kollegen berichten von der Bedeutung des Fortbildungskonzeptes. Sie erhalten Fortbildungstage über das übliche Maß hinaus. Um Unterrichtsausfall zu vermeiden, werden dafür Vertretungsressourcen finanziert. Es gibt Programme zur kollegialen Fallberatung und Peer to Peer Unterrichtsbesuche – nichts wird von oben verordnet, alles geschieht auf freiwilliger Basis. Jede Schule konnte für sich entscheiden, ob sie an dem Programm teilnehmen wollte. Wer sich dafür entschied wurde mit Fortbildungsressourcen belohnt. Die Berichte der Kollegen zeugen von einem sich verändernden Mindset, Unterricht wird „deprivatisiert“, und die Räume werden zum Wohle der Förderung der Schüler geöffnet.

Alle Fortbildungsmaßnahmen sind nah am Unterrichtsgeschehen angesiedelt. Fachberater entwickeln Unterrichtsmodelle, führen diese in der Klasse vor, anschl. werden die Lernarrangements von Kollegen selbst erprobt, beobachtet, evaluiert und weiter entwickelt. Ohne diese Strategie wäre die flächendeckende Einführung des Faches Informatik bis Klasse 9 nicht möglich gewesen, denn es gibt auch in SF nicht annähernd genug Informatiklehrer. Alle Materialien, Ressourcen, Unterrichtsmodelle und Anregungen werden auf dem Google Drive veröffentlicht, geteilt und gemeinsam weiter entwickelt – ohne diese digitale Struktur gäbe es das Fortbildungskonzept nicht. Auch wir können in Deutschland von den Konzepten profitieren, denn sie sind auf der Seite www.csinsf.org größtenteils uneingeschränkt zugänglich.

In unserem Besuch der Alvarado Elementary School bekommen wir einen Eindruck, mit welcher Begeisterung und Zugewandtheit das Programm in den Klassen umgesetzt wird. Wir sehen die spielerische und kooperative Anbahnung von algorithmischen Denkstrukturen – unsere Gruppe durfte dazu in die Rolle der Schüler schlüpfen, bevor wir die Anwendungen in der Klasse beobachten konnten. Die Programmierung des Bee Bot war Hauptgegenstand einer Stunde des 1. Schuljahres: „When you are programming, take it step by step and spot the bugs!“ Wir waren beeindruckt den Kompetenzerwerb in 45 Minuten so unmittelbar beobachten und mit erleben zu dürfen. Unterrichtet wurde die Stunden von einem Lehrer mit der Fakultas Mathematik, wir wurden durch einen Musiklehrer eingeführt.

Der Tag hat unsere Gruppe insgesamt nicht zuletzt wegen des überaus freundlichen Empfangs, der Offenheit und Bereitschaft aller Akteure, Erfahrungen mit uns zu teilen, der Einladung zum kalifornisch-kultigen In and Out Burger und der tollen Lehrer-Schüleraktionen beeindruckt.

In unserem täglichen Debrief stellen wir folgende Beobachtungen heraus:

  • Am Anfang der Entwicklung steht eine Feldanalyse und die Einsicht der Notwendigkeit der Bewegung.
  • Die Programme werden darauf hin durch datengestützte Evaluationsverfahren initiiert und begleitet.
  • Die Akteure verstehen sich als Teil einer Bildungsregion, die den Kindern im beruflichen Umfeld Ihrer Stadt eine Zukunft ermöglichen wollen. Alle Maßnahmen orientieren sich stark am Arbeitsmarkt.
  • Der Distrikt unterstützt aktiv und stellt substantielle Ressourcen zur Verfügung, die direkt in den Kollegien wirksam werden.
  • Der Kern der Entwicklung geschieht im Kollegium und im Unterricht selbst, daher wird gezielt und wirksam in diese Richtung fortgebildet. Die Fortbildner sind „Modellehrer“ und unterrichten selbst vor den Kollegen. Dadurch verändert sich die Kultur vom Top Down zu echten professionellen Lerngemeinschaften – alle übernehmen Verantwortung füreinander und für das Programm.

So werden Lehrer zu Lernern und zu echten Vorbildern für Schüler.

 

 

 

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